Presseinfo | 10.01.2023

Die Gemeinwohl-Ökonomie bietet ein modernes Instrument zur Messung der Gesundheit der Menschen und des Planeten: das Gemeinwohl-Produkt

Angesichts der Klimakatastrophe und wachsender Ungleichheit hat unsere derzeitige Art, wirtschaftlichen Erfolg zu messen, versagt. Während sich die Politik schwer tut, wirksame Verpflichtungen zu beschließen und sowohl die Ökosysteme des Planeten als auch künftige und lebende menschliche Generationen vor Schäden an Gesundheit und Leben zu bewahren, entwickeln Protagonist*innen aus Initiativen für nachhaltiges Wirtschaften, Unternehmen und Finanzen echte „Game Changer“. Eines davon ist das Gemeinwohl-Produkt (Common Good Product), das so früh wie möglich das veraltete Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Maß für den makroökonomischen Erfolg ersetzen soll. Es kann von jeder Stadt, Region, jedem Land und jeder internationalen Gemeinschaft, einschließlich der UNO, entwickelt und verwendet werden. Es misst, was wirklich wichtig ist, einscließlich einer gesunden Umwelt und stabiler Ökosysteme sowie starker Demokratien und kohäsiver und integrativer Gesellschaften.

Nach Ansicht einer wachsenden Zahl von Wirtschaftswissenschafter*innen ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nicht dazu geeignet, die Gesundheit der Menschen und des Planeten anzuzeigen.

Christian Felber, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie: „Der Kern des Problems ist, dass das BIP wenig mit den übergeordneten Zielen der Wirtschaft wie der Befriedigung der Grundbedürfnisse, dem allgemeinen Wohl, der Lebensqualität oder dem Gemeinwohl zu tun hat. Es berechnet weder in angemessener Weise die positiven Schritte in Richtung dieser Ziele, noch berücksichtigt es wirtschaftliche Aktivitäten, die diesen Zielen zuwiderlaufen. Mit anderen Worten, es dient weder den politischen Entscheidungsträger*innen noch der Gesellschaft als Kompass, um zu erkennen, ob unsere Wirtschaft in die richtige Richtung geht.“

Um dem Mangel an einem wirksamen Instrument zur Bewertung des Erfolgs einer Gesellschaft zu begegnen, hat die Gemeinwohl-Ökonomie nun ein Policy Paper veröffentlicht, in dem die Idee des Gemeinwohl-Produkts ausführlich beschrieben wird. Eine zentrale Neuerung ist die Entwicklung eines partizipativen Prozesses, in dem die souveräne Bevölkerung selbst ein Gemeinwohl-Produkt entwickeln kann. Versammlungen können in einem mehrstufigen Prozess zunächst auf kommunaler, dann auf regionaler und schließlich auf nationaler Ebene durchgeführt werden. Auch die direkte Organisation eines Bundeskonvents durch Zufallsauswahl ist denkbar. Die Konventsmitglieder können ihre eigenen Vorschläge sowie weitere Vorschläge aus der Bevölkerung sammeln (z. B. durch Liquid Democracy) und die 20 Teilziele herausfiltern, die die größte Unterstützung genießen. Diese 20 „Finalisten“ würden als Teilziele in das künftige Gemeinwohl-Produkt aufgenommen werden. Alle Ziele müssen der Befriedigung von Grundbedürfnissen und dem Schutz von Grundwerten und Gemeingütern dienen. In einer letzten Phase können  Expert*innen die Teilziele mit Hilfe von Indikatoren operationalisieren, z.B. zwei bis fünf pro Teilziel. Die Leitfrage sollte lauten: Wie kann die Erreichung des jeweiligen Teilziels am effektivsten gemessen werden? Dies würde es ermöglichen, das Gemeinwohl-Produkt eines Landes im Zeitverlauf und auch international mit anderen Ländern zu vergleichen. Das Gemeinwohl-Produkt könnte als Instrument verwendet werden, um die Auswirkungen von Gesetzesvorschlägen und anderen politischen Maßnahmen auf die Grundwerte und gesellschaftlichen Ziele zu bewerten. Ein solches Instrument wäre so etwas wie eine Bewertung des Gemeinwohls oder ein Kompass für neue Rechtsvorschriften. Unternehmen und Investitionsprojekte könnten danach bewertet werden, welchen Beitrag sie zur Erreichung der 20 Unterziele des Gemeinwohl-Produkts leisten.

Christian Felber: „Ein demokratisch gestaltetes Gemeinwohl-Produkt wäre ein echter Game Changer. Es würde die Wirtschaft neu ausrichten, weg von primär finanziellen Leistungsindikatoren hin zu den wahren Zielen der Wirtschaft: Wohlbefinden, Befriedigung der Grundbedürfnisse, Lebensqualität, Verbesserung des Gemeinwohls und Sicherung eines guten Lebens für künftige Generationen